Sonntag, 12. Juli 2015

Schwerbehindertenausweis-Widerspruch

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Hallo ihr Lieben!

Wie viele von euch habe auch ich mich dazu entschlossen, einen Schwerbehindertenausweis zu beantragen.
Mit einem GdB (Grad der Behinderung) von mindestens 50 gilt man bereits als schwerbehindert, ab einem GdB von 30 kann man sich einem schwerbehinderten Menschen gleichstellen lassen.
Ich persönlich möchte die Möglichkeit haben, die Vorteile eines Schwerbehindertenausweises für mich zu nutzen.
Dazu zählen Steuererleichterungen, 5 zusätzliche Urlaubstage, erhöhter Kündigungsschutz, eventuelle Bevorzugung bei Bewerbungen im Öffentlichen Dienst und diverse Vergünstigungen bei kulturellen Angeboten.
Mit einem Merkzeichen wie "H" für Hilflos oder "G" wie Gehbehindert können weitere Vorteile hinzukommen.


Nach langem Überlegen haben für mich schließlich die Vorteile die Nachteile ausgestochen. Im November letzten Jahres habe ich deshalb einen Antrag auf Schwerbehinderung gestellt. In Niedersachsen geht das relativ schnell und simpel über ein Onlineformular. Nach kurzer Zeit bekommt man dieses dann mit weiteren Unterlagen zugeschickt und muss es unterschrieben an die jeweilige Behörde zurücksenden.
Online kann man dann jederzeit den Stand seines Antrages abrufen. So weit so gut.
Nachdem mein alter Diabetologe sich stur gestellt hat und schlichtweg jede Anfrage der Behörde und meinerseits geflissentlich über Monate hinweg ignoriert hat, kam die gesamte Beantragung natürlich ins Stocken. Ich erhielt einen regelrecht verzweifelten Brief meiner Sachbearbeiterin, die mich darum bat, noch einmal mit meinem Diabetologen zu sprechen- und so den Vorgang endlich voranzutreiben. Denn ohne Dokumente vom Arzt geht nichts!
Schwups, wechselte ich (wegen einiger Probleme) den Diabetologen und plötzlich ging alles ganz schnell.
Der Antrag ging zum Ärztlichen Gutachter und mitten im Umzug flatterte mir dann der ersehnte Bescheid ins Haus...
Wie sollte es anders sein war er natürlich nicht zufriedenstellend. Mir wurde ein GdB von 40 bescheinigt und damit der Status eines Schwerbehinderten nicht anerkannt- während Janis für seinen Diabetes von der gleichen Stelle einen GdB von 50 zugesprochen bekam.
Für mich hieß das jetzt: Widerspruch einlegen!
Ein GdB von 40 reicht mir nicht aus... Also lege ich Widerspruch ein!
Nur wie?!
Im Internet fand ich viele nützliche Tipps und Tricks und orientierte mich letztendlich sehr an einer Broschüre von DiabetesDE, die viele Informationen bereithielt.
Zusammengefasst lässt sich vor allem eines sagen:
Erschlagt eure Behörde mit Informationen!
Nach mehreren Urteilen ist es nun nicht mehr so einfach als Diabetiker einen GdB von 50 zu bekommen. Alleine eine Therapie von mindestens vier Insulininjektionen und selbstständigen BZ-Messens sowie eigener Anpassung der Insulindosen reicht allgemein nicht mehr aus. Stattdessen muss man "gravierende Einschnitte in die Lebensführung" vorweisen.


Auf gut Deutsch heißt das: Listet alles auf, was euch auch nur irgendwie im Alltag oder (wie es im bürokratendeutsch so wundervoll heißt) "an der Teilhabe im gesellschaftlichen Leben" einschränkt.
Ich habe dabei die Checklisten der Broschüre abgearbeitet:
1. Therapieaufwand: Zeitaufwand für Spritzen, Essen, Messen, Essensvorbereitung, Korrekturen, Arztbesuche (!) und die Vorbereitung alltägliche Aktivitäten
2. Körperliche und Psychische Belastungen: Kopfschmerzen, Magenbeschwerden, Unwohlsein, Antriebslosigkeit, Depressive Verstimmungen, Gereiztheit, Schlaflosigkeit (hier kann auch nächtliches Messen genannt werden), Konzentrationsschwächen und und und.. - letztendlich könnt ihr alles aufzählen, was euch von einem Gesunden unterscheidet. Mir ist dabei aufgefallen, wie einschränkend die Auswirkungen von Hypos und Hypers manchmal tatsächlich sein können. Besser man denkt nicht zu viel darüber nach ;)
3. Einschränkung der Alltagsgestaltung: Schlechte Hypowahrnehmung ist hier neben häufige Schwankungen das Zauberwort. Beschreibt, dass sportliche Aktivitäten kaum oder gar nicht ausgeübt werden können (ohne erheblichen Mehraufwand), an kulturellen Aktivitäten nur eingeschränkt teilgenommen werden kann usw. ... Auch hier gilt: Ihr müsst nichts erfinden- aber haben wir nicht alle schon mal einen Schwimmbadbesuch wegen plötzlichen Ketonen abgebrochen oder ein Treffen verschoben, weil uns die nächtliche Hypo jegliche Kraft und Lust geraubt hat?
4. Nutzt die Schlagwörter!: Einschränkung (im Alltag), Belastung, Instabile Stoffwechsellage, häufige Hypo-und Hyperglykämien, Hypowahrnehmungsstörung, Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, Beeinträchtigung... Achtet darauf, euch verständlich auszudrücken und die Punkte ausführlich zu beschreiben- vielleicht nennt ihr auch ein oder zwei Beispiele?


Außerdem solltet ihr anbieten (falls sie noch nicht eingefordert wurden), die Blutzuckertagebücher der letzten 3 Monate einzuschicken oder beizulegen. Es gilt das Motto: Je mehr sie prüfen müssen, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass sie den Antrag zu euren Gunsten absegnen.
Denn die Behörden sind verpflichtet jegliche Angabe zu prüfen- sollte eurem Widerspruch nicht entsprochen werden und ihr klagt vor dem Sozialgericht (das wäre der nächste Schritt) könnte es passieren, dass deutlich wird, dass die Behörde eben nicht ausreichend geprüft hat- und das führt natürlich zu Problemen...

Auch ganz wichtig: Haltet unbedingt die Frist von vier Wochen ein, die ihr nach Erhalt des Bescheids habt. Geht euer Widerspruch nach diesen vier Wochen bei der Behörde ein, wird er sofort abgewiesen.
Monate später habe ich dann den Bescheid bekommen- der Widerspruch wurde abgelehnt. Der erhöhte Aufwand sei mit einem GdB von 40 abgegolten, hieß es. Mittlerweile hat sich meine Stoffwechseleinstellung verschlechtert und es ist Hashimoto hinzugekommen- demnächst werde ich also einen Verschlechterungsantrag stellen.

Vielleicht habt ihr schon Erfahrungen mit einem Widerspruch gemacht?
Liebe Grüße und allen Antragsstellen ein festes Daumendrücken schickt euch


Caro

3 Kommentare:

  1. Danke für diesen Artikel!
    Ich möchte auch Widerspruch einlegen, hatte auch erst einen Gdb von 30 und dann einen von 40 bekommen.
    Sehe ich aber gar nicht ein!
    Deine Tipps sind wirklich hilfreich :)

    Hast du denn dazu eine Art Brief verfasst oder wie kann ich das verstehen?

    Liebe Grüße

    Lea von Insulea

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    1. Hi Lea,
      Genau- ich hab einen 2-Seitigen Brief an die Sachbearbeiterin geschickt, die mir den ersten Bescheid erstellt hat.
      Zur Einleitung habe ich Satzbausteine aus dem Internet verwendet und Bezug auf ihr Schreiben genommen:)
      Ich wünsche dir ganz viel Erfolg!
      Liebe Grüße
      Caro

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  2. Hi Caro,

    ich habe mich auch entschieden und den Antrag gestellt. Leider hat sich meine Hausärztin fast 2 Monate lang bitten lassen der Aufforderung des Versorgungsamtes zur Dokumentation nachzukommen. Ich warte derzeit noch auf die Antwort des Amtes.

    Seltsam finde ich, dass es bei manchen so schwer ist die "50% zu bekommen" und bei anderen klappt es von alleine. Eine gute Bekannte hat ihre Erstdiagnose letztes Jahr erhalten und ihr Antrag wurde von einer Sozialarbeiterin noch im KH gestellt. Sie hat ohne Probleme 4 Wochen nach Diagnose ihren Ausweis in Händen gehabt.

    Ich wünsche dir viel Erfolg.
    LG Stefan

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